Ich habe in meinem Leben viel Glück gehabt. Häufig viel zu viel. Manchmal auch mehr Glück als Verstand. Warum das so war? Ich bin mir sicher, dass ich immer genau im richtigen Moment die richtigen Leute getroffen und aus meinen Fehlern gelernt habe. Der #DeinWeg Award ist eine tolle Möglichkeit, um #MeinenWeg zu reflektieren und in Gedanken allen Menschen zu danken, die mich beeinflusst haben.

Schule fand ich nie so richtig cool

Ich bin super behütet aufgewachsen. Gut, meine Eltern trennten sich, als ich noch sehr klein war. Aber meine Mutter gab wirklich alles, um aus mir einen tollen Menschen zu machen. Die Grundschule fand ich auch noch ganz toll – wie sollte das auch anders sein. Ab der zehnten Klasse auf dem Gymnasium wurde es dann anders. Alles andere war viel spannender als die Schule: Parties, Kiffen, Schule schwänzen, (falsche) Freunde, Auto fahren ohne Führerschein. Ich gab mir die allergrößte Mühe nichts auszulassen. Mit den entsprechenden Ergebnissen. Erst wurden die Noten schlechter und dann blieb ich sitzen. Hätten mir nicht wenige Menschen das Selbstvertrauen gegeben an mich zu glauben, vermutlich hätte ich schon damals aufgegeben. Trotzdem erhielt ich mein Abitur. Miese Noten, aber Schein in der Tasche.

Ingenieure sind sooooo langweilig

Mit dem Abschluss bekam ich einen Studienplatz für einen Ingenieursstudiengang in Magdeburg, weil der zuständige Leiter vergessen hatte einen Numerus Clausus festzulegen. Erzählte ich jemandem davon bekam ich ein breites Grinsen: Eben noch drei Mal hintereinander eine Fünf in Mathe und jetzt Ingenieur? Ich fand mich wieder unter lauter Menschen wie mir. 95% meiner Kommilitonen saßen nicht etwa in dem Studiengang, weil Sie geborene Ingenieure waren, sondern weil es der einzige Platz war, den sie bekamen. Trotzdem fand bei vielen eine Art Metamorphose statt: Vom lässigen HipHopper zum karohemdsärmligen Rechenschieber. Nur ich fand mich nicht so recht. Ich hatte erhebliche Zweifel daran, dass das Spaß machen kann. Ohne die Hilfe meiner beiden damaligen Freunde, ich hätte ganz sicher alles hingeworfen und hätte meine Pläne umgesetzt, nach Rotterdam zu gehen und anzuheuern.

Ich biss mich durch, ohne eine richtige Vorstellung zu haben, wofür das gut sein kann. Aber schon während meines Studiums fand ich Spaß daran, mehr zu arbeiten als alle anderen. Ich war mir für keinen Job zu schade. Egal, ob Nachtschichten im Callcenter, Currywürste drehen im Imbiss oder Paletten sortieren in der Kaffeerösterei. Zum Ende meines Studiums fing ich das erste Mal an selber, nur für mich, aktiv zu werden. Der Gelbe Hocker  war geboren und ich bekam eine erste Vorstellung davon, wie ich mein Potential entfalten kann. Bei einer unsere Touren mit dem Gelben Hocker lernte ich auch Sarah kennen, die wichtigste Person in meinem Leben. Ich werde nie vergessen, wie sie weinend vor mir saß, von ihrem Exfreund verlassen. Nie hätte ich mir träumen lassen, gemeinsam mit ihr Unternehmen zu gründen und zu führen und drei tolle Kinder zu bekommen.

Wenn man nicht auf seinen Bauch hört

Nachdem ich drei Jahre für verschiedene Unternehmen gearbeitet hatte, schmiss ich alles hin. Ich war nicht glücklich. Jeden Tag der gleich Trott. 08/15 war nicht mein Ding. Außerdem hatten Sarah und ich eine Idee und die schrie danach umgesetzt zu werden. Unsere Tochter war damals zwei Jahre alt und unser Sohn gerade geboren. Die Nächte verbrachte ich – Magnus auf meiner Brust liegend – vor dem Rechner.

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Zahlen schieben, Texte schreiben, E-Mails beantworten. Wir hatten ein Ziel vor Augen. Und obwohl wir absolute Anfänger im Bereich der Unternehmensgründung waren, geschah das Unwahrscheinliche: Wir fanden einen Investor, um gemeinsam unsere Idee umzusetzen. Nur aus dem „gemeinsam“ wurde nichts. Wir machten riesige Fehler. Wir trafen falsche Entscheidungen, missachteten die Ratschläge, die man uns gab und am schlimmsten: hörten nicht auf unser Bauchgefühl. Was kam war der Rauswurf. Wie eine flache Hand ins Gesicht. Von einem Tag auf den anderen standen wir auf der Straße. Ohne Job, mit zwei Kindern und hatten uns um unsere Ersparnisse und die Zeit mit unseren Kindern betrogen. Verdammt…

Wir taten das einzig Richtige. Wir fuhren in den Urlaub, verdauten den Schock, analysierten die Fehler, namen uns in den Armen, fanden zu uns selber, bauten auf unsere Stärken.

familienurlaub

Aus Fehlern lernen

Eine Sache war immer klar: Zurück in den alten Job, das kommt nicht in Frage. Also wieder von vorne. Neues Geschäftsmodell entwickeln, Kunden gewinnen, Netzwerk aufbauen, fokussieren und bei allem die Familie und die Liebe nicht aus den Augen verlieren. Wir bekamen Angebote für Investitionen und lehnten diese ab, wegen unserem Bauchgefühl. Wir erhielten Angebote für große Kooperationen und nahmen sie nicht an, wir hatten dazugelernt. Wir gingen unseren steinigen Weg, mit eigener Kraft. Wir hielten der Kritik unserer Freunde, den Mahnungen unserer Eltern und den roten Zahlen unserer Bankkonten Stand.

Ende 2015 gingen für uns alle Wünsche in Erfüllung. Nachdem wir mehrfach unser Geschäftsmodell neu ausgerichtet hatten, gründeten wir ein gemeinnütziges Unternehmen. Viel zu viele Kinder in Deutschland haben keinen regelmäßigen Zugang zu Büchern. Mit unserem Angebot – die Librileo Bücherboxen – wollen wir jene Familien dazu bringen mit ihren Kindern zu lesen, die es sonst nicht tun. Entweder, weil sie es selber nicht gelernt haben oder weil sie finanziell leider nicht in der Lage sind. Wir hatten das unfassbare Glück einen großen Förderer zu finden, der unsere Vision trägt und uns gleichzeitig als eigenständige und erfahrene Unternehmer schätzt. Inzwischen haben wir nicht nur unser drittes Kind bekommen, sondern auch ein Team mit fünf tollen Mitarbeitern und mehr als 40 Ehrenamtlichen aufgebaut, die uns auf unserer Mission unterstützen.

vorlesebus

Niemals aufgeben

In regelmäßigen Abständen halte ich Vorträge vor Studenten. Ich empfinde diese Zeit als sehr wertvoll. Ich weiß, dass die Menschen, die mir zuhören ihre eigenen Fehler machen müssen. Aber vielleicht kann ich den einen oder anderen davon abhalten die ganz Üblen zu begehen.

1) Home is where the heart is. Vergiss nie deine Kinder, Partner, Familie und Freunde.

2) Mentoren suchen. Es wäre ziemlich vermessen zu behaupten, dass ich alles weiß. Ich habe viel zu lange gebraucht um zu akzeptieren, dass viele Menschen sehr viel mehr Ahnung haben als ich.

3) Sich selbst nicht so wichtig nehmen. Alles ist zu schaffen, aber nicht allein.

4) Nie den Spaß verlieren. Arbeit muss Spaß machen. Wenn das so nicht ist, dann ist es nicht richtig, dann wird man nicht glücklich. Wenn man also die Wahl hat, dann sollte man sich tunlichst etwas anderes suchen.

5) Aus Fehlern lernen. Das bringt häufig noch viel mehr, als aus Erfolgen zu lernen.

6) NIEMALS AUFGEBEN. Alles ist möglich.

Und vor allem: Ein bißchen auf das eigene Glück vertrauen. Nicht zu sehr, denn nichts kommt von allein. Aber doch genau so viel, dass man sich freut, wenn es eintrifft, aber nie darauf angewiesen ist.

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inspiriert von #DeinWeg – ein Award von ERGO

https://blog.ergo.de/de/Mut-Machen/1609/Jetzt-bewerben-bei-Dein-Weg-2016.aspx